Rede zum Doppelhaushalt 2015/2016

Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin,
verehrte Ratskolleginnen und Ratskollegen,
liebe Bergheimer Bürger,

der Doppelhaushalt 2015/2016 steht unter der Überschrift der Steuer-, Abgaben- und Beitragserhöhung, weil die Verwaltung mit Ihrer CDU-Bürgermeisterin an der Spitze nichts Manns genug ist, dringend erforderliche Einschnitte bei sich selbst vorzunehmen.

Lieber greift man einmal mehr in die Tasche der gebeutelten Bergheimer Bürger und findet dazu Applaus bei CDU und Bündnis-Grünen.

So wird die Grundsteuer B, die jeden Bergheimer Bürger trifft, um satte 25% erhöht, was allein eine Mehrbelastung von 2,5 Millionen Euro, bzw. 160 Euro jährlich für einen 4 Personenhaushalt ausmacht. Wie gut, dass die Beigeordneten und die Allermeisten der mit A16 besoldeten Spitzenbeamten gar nicht Bergheim wohnen.

Doch der Giftcocktail für die Bürger Bergheims geht weiter, trifft er zwar nicht, wie die Grundsteuer B, alle Bürger, so hat er doch gravierende Auswirkungen für große Bevölkerungsgruppen unserer Stadt:

•Erhöhung der Hundesteuer, nachdem in 2015 bereits um 10% erhöht wurde,
   wird direkt in 2016 um weitere 10% er-höht
•Erhöhung der Gewerbesteuer in 2016 um 4%, obwohl bereits alle Gewerbetreibenden
   schon bei der Erhöhung der Grundsteuer B mit im Boot sind
•Erhöhung der OGS-Beiträge, im Durchschnitt um 17,5%, im Einzelfall bis zu 35%
•Erhöhung der Kindergarten-Beiträge, im Durchschnitt um 7% pro Haushaltsjahr
•Erhöhung der Nutzungsentgelte um 50% (die Verwaltung hat hier zunächst eine
  100%ige Erhöhung vorgeschlagen)
•Und so weiter und so fort

Aber Hauptsache, das Haushaltssicherungskonzept – übrigens auch mit den Anträgen der SPD-Fraktion – wird vermieden und die Stadt bleibt, wie der Kämmerer so schön sagt, handlungsfähig.

Kaum auszumalen, wenn bestimmte Schlüsselzuweisungen oder Gewerbesteuerzahlungen nicht so fließen, wie gewünscht. Erhöhen wir dann weiter die Grundsteuer B? auf 700%-Punkte, auf 800 oder gar auf 900%-Punkte, wo ist hier das Ende der Fahnenstange und bei welchen Lasten gehen die Bürger auf die Straße.

So ist der Antrag der FDP-Fraktion, eine Organisations- und Effizienzuntersuchung der Verwaltung durchzuführen nur nachvollziehbar, geht er doch auf den Kern des Problems ein – wie viel Verwaltung brauchen wir und wie viel Verwaltung können wir uns leisten.

Die SPD-Fraktion ist hier schon einen Schritt weiter, und hat mit Ihren beiden Anträgen, städtische Jugendzentren und städtische Kindertageseinrichtungen in freie Trägerschaft zu überführen, offenbar ein Tabubruch begangen, den die anderen Fraktionen im Rat nicht, oder soll ich besser sagen, noch nicht mitgehen konnten.

So stellt sich beim Übergang dieser Einrichtungen von städtischer in freie Trägerschaft nicht nur die Frage, ob hierbei Geld einzusparen ist – diese ist übrigens schon klar zugunsten der freien Träger beantwortet – sondern auch die grundsätzliche Frage, wie zentralistisch und beherrschend solle eine Stadtverwaltung sein, oder wird ernsthaft von irgendjemandem bezweifelt, dass ein pluralistischer Ansatz, der die Trägervielfalt in den Mittelpunkt rückt, nicht für das Allgemeinwohl besser ist.

Aber die SPD-Fraktion hofft nicht nur auf einen Paradigmenwechsel bei der Beurteilung der eigenen Stadtverwaltung, sondern auch auf einen grundsätzlichen, parteiübergreifenden Konsens, nicht bei der Bildung und nicht bei Kindern und Jugendlichen zu sparen.

Aber genau das ist, trotz anderslautender Bekundungen in früheren Haushaltsreden und Wahlkampf-Blättchen von CDU und Bürgermeisterin, frei nach dem Motto, was stört mich mein Geschwätz von gestern, offensichtlich kein Konsens mehr. Es wird bei der Bildung gespart und es wird im Kinder- und Jugendbereich gespart. Und mit im Boot sitzen die Grünen, denen ein paar Bäume im Bethlehemer Wald (doch dazu später) scheinbar wichtiger sind, als das eigene Programm

•Wegfall des Familienbauland-Bonus
•Erhöhungen der OGS- und Kita-Beiträge
•Entwidmungen und Veräußerungen von Spielflächen
•Pauschale Kürzungen von Verbrauchs-, Lehr- und Unterrichtsma-terial in
  allen Bergheimer Schulen
•Ein geringerer Medienetat bei der Stadtbücherei
und so weiter und sofort.

Hier können Sozialdemokraten nicht mitstimmen, weil es unsere Grundüberzeugung ist, dass Investitionen in Bildung und Investitionen in unsere Kinder und Jugendlichen Investitionen in die Zukunft sind.

Dabei hätte der Doppelhaushalt 2015/2016 gar nicht so schlecht aussehen müssen, hätte man doch bereits vorher auf die Vorschläge der SPD-Fraktion in vorangegangenen Haushaltsplanberatungen gehört.

Exemplarisch nenne ich hier die

•Die Gewinne aus einer Stromnetzgesellschaft und
•Die Einnahmen aus der Parkraumbewirtschaftung

Klammheimlich und noch bevor die Grünen das „Regierungsbündnis“ mit der CDU eingegangen sind, haben die Christdemokraten eine öffentlich nicht beachtete Kehrtwende in Sachen Konzessionsabgaben für Strom vollzogen. Statt wie bisher, eine einfache Verlängerung der Konzessionsabgaben für Strom zu fordern, was nebenbei erwähnt die gewinnträchtigste Variante für RWE ist (Nachtigall ick hör dir trapsen), ist man jetzt für eine Netzgesellschafft, die der Stadt immerhin 120 Tausend Euro jährlich bringen soll.

Das, was die SPD und in diesem Fall auch der Kleinkoalitionär schon vor Jahren gefordert haben, wird en passant umgesetzt. Und da ist wohl mehr als nur der lapidare Satz von Herrn Hübner „Man kann auch schlauer werden“ zu vermuten.

Die erneute und nunmehr dritte Einführung der Parkraumbewirtschaftung ist ein Musterbeispiel für Schildbürgerstreiche und sollte aus unserer Sicht unbedingt Einzug in das Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler finden. Nicht nur, dass hier in den Jahren 2014 und 2015 knapp 800 Tausend Euro an Gebühren nicht vereinnahmt wurden, so wurden gut erhaltene, funktionstüchtige und nicht abgeschriebene Parkscheinautomaten auf den Schrott geschmissen. Und wenn man den Aussagen der Verwaltung glauben darf, hat es für diesen „Schrott“ noch nicht einmal Geld geben, obwohl jederman weiß, dass es für Metall- und Elektroschrott ordentliche Rückvergütungen gibt.

Damit das Ganze auch wahlkampfstrategisch genutzt werden konnte, wurden die Automaten trotz anderslautender Empfehlungen (das warst Du lieber Manfred) nicht bis zur nächsten Einführung – denn diese war absehbar – abgehängt, sondern im Wahljahr 2014 abgebaut. Die Neuanschaffung der Automaten kostet den Steuerzahler jetzt 170 Tausend Euro und müsste aus unserer Sicht von denjenigen Stadträten persönlich bezahlt werden, die das verbockt haben.

Wir sind für eine Parkraumbewirtschaftung, die Lenkungsfunktionen für den ruhenden Verkehr erfüllt, Anreize für den ÖPNV und den Individualverkehr mit Fahrrad und zu Fuß schafft und ganz nebenbei noch Einnahmen für den städtischen Haushalt generiert. Gerne unterhalten wir uns im Herbst diesen Jahres mit denjenigen Fraktionen, die dazu bereit sind, über eine Ausweitung der Flächen und gegebenenfalls auch Nutzer zu diskutieren. Es ist nämlich nicht länger einzusehen, dass viele Bergheimer für das Parken zahlen, während die Bürgermeisterin, Beigeordnete und Fraktionsvorsitzende einen „Freiparkschein“ haben.

So sind es aber nicht nur die drastischen Steuererhöhungen und Fehlentwicklungen im Kinder- und Jugendbereich, die die SPD-Fraktion veranlassen, gegen den Haushalt, die Investitionsplanung und gegen den Stellenplan zu stimmen.

Überhaupt ist der Stellenplan mit den Personalkosten und Stellenanteilen in den einzelnen Produktgruppen nicht nachvollziehbar, genau so wenig, wie sich die pauschale Einsparforderung des Kämmerers in Sachen Personalkosten nicht in der Haushaltssatzung wiederfinden lässt.

Es sind auch vermeintlich kleine Sachen, die nicht viel Geld kosten und dennoch eingespart werden, obwohl es für die Mehrheitsfraktionen ein Einfaches gewesen wäre, hier den Anträgen der SPD zu folgen.

Nachdem 2011 die Zuschüsse für die Martinszüge ersatzlos gestrichen wurden, soll es schon ab diesem Jahr kein Geld mehr für die städtischen Brunnen geben. Ein knapper Etat von 3.000 Euro wird auf 0 zurück gefahren, wohl wissend dass bei dem kleinsten Defekt ein Brunnen einfach nicht mehr angestellt wird. Die komplette Streichung des Etats für die Anschaffung von Weihnachtsbäumen, die Anschaffung von Weihnachtsbeleuchtung und die Stromkosten der Weihnachtsbeleuchtung schlägt allerdings dem Fass den Boden aus. In welchem Kulturkreis leben wir eigentlich, dass eine Kommune noch nicht mal mehr ein paar Tausend Euro für Weihnachtsbäume und Beleuchtung ausgeben will. Oder soll da wieder der „Tierparktrick“ angewendet werden – erst den Etat kürzen beziehungsweise streichen und dann einen CDU-Vorsitzenden für den Trägerverein installieren.

Bei aller Kritik und Gegensatz seien aber auch exemplarisch Gemeinsamkeiten genannt, wie die schon traditionelle Übereinkunft aller Fraktionen im Etat von Feuerwehr- und Rettungswesen, der Schulterschluss bei der Kindertagespflege (hier sei Manfred Klöckner, Uta Neubecker, Anna Keller, Heike Flamm und Heiko Möller gedankt) und der richtungsweisende Beschluss zur Schaffung weiterer 4 Kunstrasenplätze in Glessen, Rheidt-Hüchelhoven, Quadrath-Ichendorf und Niederaußem. Besonders hat es uns gefreut, dass hier dem Sportstättenbedarfsplan gefolgt wurde und mit dem Sportplatz in Quadrath-Ichendorf angefangen wird.

Was Quadrath-Ichendorf angeht, hätten wir gerne im Fachausschuss ausgiebig diskutiert, welches Hochhausprojekt – sprich Abriss – wir als nächstes angehen. Neben dem jetzt ins Auge gefassten Hochhaus an der Albrecht-Dürer-Allee, gibt es nämlich auch stark sanierungsbedürftige Hochhäuser in Quadrath-Ichendorf, die ihr soziales Umfeld negativ beeinflussen.

Auch bei der Bäderfrage ist der Konsens nicht weit, gibt es faktisch doch keine Fraktion mehr, die ein Zentralbad fordert, so dass ein dezentrales Angebot vorgehalten werden muss. Anders als CDU und Grüne will die SPD auch das Freibad in Oberaußem erhalten und hat entsprechende Haushaltsmittel für den Betrieb ab 2016 beantragt, was von den Mehrheitsfraktionen abgelehnt wurde. Liebe CDU in Ober- und Niederaußem, bitte schließen Sie nicht schon wieder ein Bad durch die kalte Türe, in dem sie das Bad einfach nicht öffnen und verrotten lassen. Das haben sie schon einmal mit dem Sportpark-Bad in Bergheim-Südwest praktiziert und das darf nicht noch einmal in Bergheim passieren.

Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin,

verehrte Ratskolleginnen und Ratskollegen,

liebe Bergheimer Bürger,

bevor ich zum Ende meiner Rede komme, seien auch einige Bemerkungen zu geplanten Neuanpflanzung des Bethlehemer Waldes erlaubt. Die SPD war, ist und wird auch zukünftig für eine Neuanpflanzung des Bethlehemer Waldes sein. Die Haushaltsmittel hierfür standen bereits auf Veranlassung der Grünen schon einmal in einem städtischen Haushalt, wurden allerdings nie verausgabt. Inzwischen befinden sich die ins Auge gefassten Flächen nicht mehr im städtischen Besitz und es wäre nur redlich gewesen auch Gelder für den Rückkauf von Flächen in den Haushalt einzustellen. So bleibt der Haushaltstitel nur eine Merkposition ohne Anspruch auf Umsetzung, es sei denn, man beabsichtigt Bäume auf Flächen zu pflanzen, die nicht das Eigentum der Stadt sind. Sollte dies der Fall sein, melde ich jetzt schon an, dass ich gerne eine Rotbuche für meinen Garten hätte. Der seinerzeitige Verkauf der Fläche gegen die Stimmen von SPD und Grünen hatte übrigens kurzzeitig zur Entspannung der angespannten Haushaltslage geführt. Es sollte allerdings nicht darüber hinweggetäuscht werden, dass der Ankauf ein Zugeständnis des Konzerns für eine erhoffte Zustimmung an anderer Stelle war. Hoffentlich weiß jeder Akteur, in welchem Feld er spielt.

Meine Damen und Herren, wir bedanken uns bei Herrn Kämmerer Faßbender und dem gesamten Team der Kämmerei und der Verwaltung für die geleistete Arbeit und die Unterstützung bei den Haushaltsplanberatungen.

Für die Zukunft wünschen wir uns Etatberatungen in den einzelnen Ausschüssen. Die Zusammenfassung aller Anträge in einem Ausschuss, wie am 16.06. im Ausschuss für Wirtschaftsförderung, Liegenschaften und Finanzen geschehen, wird der Sache nicht gerecht und sollte zukünftig vermieden werden.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Fadia Faßbender
Stellv. Fraktionsvorsitzende