Haushaltsrede 2013/2014
Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin,
sehr geehrte Damen und Herren,
heute wird nicht nur über einen Doppelhaushalt entschieden, sondern auch über den zukünftigen Weg der Stadt Bergheim und dessen Konsequenzen für den Bürger. Die SPD will eine Stadt, in der sich alle Einwohner wohl fühlen können. Das ist, besonders in Zeiten finanzieller Engpässe, eine Aufgabe, die viel Sachverstand und Fingerspitzengefühl verlangt. Leider können wir dies beim Mehrheitsbündnis nicht erkennen.
Die pro Kopf Verschuldung wird im Jahr 2014 bei 1.762 liegen.
Als die Stadt Bergheim mit der CDU Mehrheit in das neue Jahrtausend ging, lag die Verschuldung bei 647 je Einwohner. Als Sie – Frau Bürgermeisterin – das Amt 2004 übernahmen, lag die Pro-Kopf-Verschuldung schon bei knapp 1000 .
Unter der CDU Mehrheit haben sich die Schulden bis heute mehr als verdoppelt.
Die 100 Millionen Euro Schulden-Marke wird mit diesem Haushalt erstmals in der Geschichte unserer Stadt überschritten!
Sämtliche haushaltsrelevanten Entscheidungen wurden von der CDU getragen. Sie trägt somit die volle Verantwortung für die desolate Haushaltslage, die die Bürgermeisterin in Ihrer Rede zur Haushaltseinbringung richtig wie folgt beschrieb:
Und unmoralisch ist das Überschreiten dieser Schuldenmarke deshalb, weil wir unserer Verpflichtung, Bergheim vor einem Schuldensumpf zu bewahren, bisher nur halbherzig nachkommen.(Maria Pfordt, 17.12.12)
Frau Bürgermeisterin kann mit dem wir nur die CDU, FDP und BMA- Koalition meinen. Die SPD hat zu jedem Haushalt Konsolidierungsvorschläge eingebracht, die konsequent vom Mehrheitsbündnis abgelehnt wurden.
Das Ergebnis dieses Verhaltens sehen wir jetzt.
Da hilft kein Sparen mehr, sondern es müssen Leistungen gestrichen werden, und es müssen höhere Einnahmen her. (Maria Pfordt, 17.12.12)
Diesen Appell hat die Bürgermeisterin in ihrer Rede zur Haushaltseinbringung an uns alle gerichtet. Es verwundert dann doch sehr, dass die Mehrheit hier im Rat, noch vor den Debatten im Ausschuss für Wirtschaftsförderung, Liegenschaften und Finanzen, ohne Not öffentlich bekundet, dass sie auf Einnahmen von mindestens 300.000 jährlich aus neu gestalteten Konzessionsverträgen verzichten will.
Warum hören Sie nicht auf Ihre Bürgermeisterin?
Warum stimmen sie wissentlich gegen die Ergebnisse eines vom Rat in Auftrag gegebenen Gutachtens, das weit mehr als 100.000 kostet?
Herr Hübner, woher nehmen Sie das Selbstbewusstsein, gegen ein von hoch qualifizierten Fachleuten erstelltes Gutachten zu stimmen?
Warum wollen sie das glatte Gegenteil von dem tun, was uns auf Grundlage unserer eigenen Vorgaben von Fachleuten empfohlen wird?
Sie demonstrieren ihren ökonomischen Sachverstand mit Bemerkungen wie zuletzt: Telefonkosten kann man nicht beeinflussen. Und Sie maßen sich an, die Konsequenzen aus der Konzessionsverlängerung zu überblicken? Das nenne ich nicht selbstbewusst, sondern selbstverliebt und realitätsfern.
Sie verzichten – entgegen dem SPD Antrag – auf Einnahmen aus Parkgebühren in Höhe von rund 440.000 jährlich!
Ist das die Antwort der CDU auf den Appell der Bürgermeisterin?
Wo wollen Sie die notwendigen Einnahmen denn überhaupt noch erzielen?
Etwa nach ihrer alten Strategie: Vor der Wahl Geschenke verteilen und nach der Wahl in die Tasche der Steuerzahler greifen?
Kommen wir jetzt zum Sparen nach CDU Art:
An der Baustelle zwischen Fliesteden und Büsdorf könnte man zurzeit ein Schild aufstellen:
Hier baut die Schuldenstadt Bergheim einen überflüssigen Sportplatz
Sie werden in dieser Stadt niemand antreffen, der verstehen kann, warum eine Stadt mit 100 Mio. Schulden, die kurz vor einem Haushalts-sicherungskonzept steht, eine neue Sportanlage baut.
Die Begründung der CDU für diesen Sportplatz sind Gewinne, die der Stadt aus der Vermarktung der freiwerdenden Flächen in beiden Orten winken.
Die betroffenen Sportvereine wurden mit einem Versprechen auf einen Luxussportplatz gelockt, der ihre heute schon guten Sportanlagen ersetzen soll.
Der CDU und Ihnen, Frau Bürgermeisterin, ist dabei völlig egal, dass es andere sanierungsbedürftige Sportplätze gibt, auf denen hervorragende ehrenamtliche Arbeit im Fußballsport geleistet wird – ich will hier exemplarisch Rheidt/Hüchelhoven und Quadrath-Ichendorf nennen für die nur noch Trostpflastergeld im Haushalt übrig bleibt. Sie ignorieren einen für 45.000 erstellten Sportstättenbedarfsplan, mit dem der Prestigebau Fliesteden/Büsdorf niemals zu begründen wäre.
Betriebswirtschaftliches Denken muss künftig im Vordergrund stehen. Also muss die Fragestellung lauten: Welche Einrichtungen brauchen wir auch unter den Aspekten des demografischen Wandels im nächsten Jahrzehnt unbedingt und wie stellt sich deren Finanzierung dar? (Maria Pfordt, s.o.)
Wie verträgt sich diese zweifellos richtige Aussage mit Ihrem Handeln Frau Pfordt?
Ich möchte in einem Bild sprechen, um Ihnen, meine Damen und Herren, unmissverständlich deutlich zu machen, worin wir Sozialdemokraten den Kern dieser Politik sehen:
Die Mehrheitsfraktionen verhalten sich wie eine Hauseigentümerin, die die letzten 50.000 in die Luxussanierung des voll funktionsfähigen Bades im Penthaus investiert, während die Mieter in den darunter liegenden Etagen in Wohnungen leben müssen, in denen die Heizung nicht ordentlich funktioniert und es durch alte, undichte Fenster zieht.
In der Volkswirtschaft nennt man so etwas Fehlallokation von Ressourcen, also eine falsche Verteilung von zur Verfügung stehenden Mitteln.
Gerade in finanziell schlechten Zeiten ist die politische Mehrheit gehalten, die geringen finanziellen Mittel für Projekte in den Ortschaften einzusetzen, in denen sie am dringendsten benötigt werden.
Selbst wenn das 8,4 Millionen Projekt Sportplatz Fliesteden/Büsdorf unterm Strich einen kleinen Überschuss erbringen würde was nicht geschehen wird -, wäre es sozial ungerecht.
Was können wir aus Ihrer Politik exemplarisch schlussfolgern?
1.Ihnen fehlt es offensichtlich an ökonomischem Sachverstand!
2.Sie betreiben Klientelwirtschaft statt eine an den Gesamtinteressen der Bürger orientierte Finanzwirtschaft!
3.Sie bewirken durch Ihr Verhalten negative Auswirkungen auf die zukünftige Beziehung zu unseren Nachbarkommunen. Der Verzicht auf die Konzessionsvertragsgelder ist ja nicht nur finanziell nicht nachzuvollziehen, sondern hat zu einem Schaden in der Beziehung zu den an den Verhandlungen beteiligten Kommunen geführt. Wer wird Bergheim noch vertrauen, wenn Sie aus nicht genannten Gründen und ohne Rücksicht auf die Interessen der zusammen-gerufenen Partner letztendlich einen Alleingang vollziehen?
Wer bezahlt die Zeche?
Den Unsinn in Fliesteden, der den Steuerzahler viel Geld kosten wird, werden alle Bergheimer Bürger bezahlen. Sie verscherbeln 500.000 qm Land für einen Spottpreis von 2,5 Millionen Euro, um für den Sportplatzbau liquide zu sein und kaufen gleichzeitig von der Kirche 7.500 qm Ackerland für rund 1,2 Millionen Euro. Wer soll das noch verstehen?
Mit der heutigen eilig eingeschobenen Vorlage wird auch dem Letzten klar, was hier gespielt wird. Bei der Auflösung des bestehenden Sportplatzes in Fliesteden geht es Ihnen nicht primär um den Sport für unsere Bürger und deren Kinder!
Es geht Ihnen einzig und allein um die Abwicklung von Grundstücks-geschäften. Das Baugebiet Im Euel, wo erschwingliche Grundstücke für junge Familien entstehen sollten, wird teilweise aufgelöst, damit fruchtbares Ackerland aus Kirchenbesitz veräußert werden kann, um dort für 240 je qm teure Baugrundstücke erschließen zu können.
Der privilegierte Ort Fliesteden soll vergrößert werden und für unsere anderen Stadtteile bleibt kein Geld mehr übrig.
Ein von Ihnen noch vor kurzem als unbedingt notwendig erachteter Schulneubau in Oberaußem wird auf den St. Nimmerleinstag (vorerst bis 2017) verschoben. Nur mit dieser fragwürdigen Entscheidung verhindern Sie das Haushaltssicherungskonzept. Wie wollen Sie das den Kindern und Eltern erklären?
Mindestens vier Jahre Unterricht – in einer von Ihnen als abbruchreif bezeichneten Schule – um den Haushalt zur retten!
Woher wollen Sie überhaupt das Geld nehmen, um in 2017 die Schule bauen zu können? Laut verlässlicher Aussage des Kämmerers sind im Jahr 2017 sämtliche Rücklagen der Stadt Bergheim aufgebraucht.
Was ist eigentlich aus Ihren Versprechen an die Bürger geworden, für 2016 ein Hallen- und Freibad an zentraler Stelle zu errichten? Nichts!
Sie haben bis heute noch nicht einmal ein schlüssiges Bäderkonzept auf die Reihe bekommen. Die seinerzeit eingeplanten Rücklagen für das Zentralbad sind inzwischen schon so gut wie verfrühstückt.
Durch den von Ihnen zusammen gezimmerten Haushalt versuchen Sie sich bis zur Kommunalwahl zu retten und überlassen den Scherbenhaufen anderen.
Verantwortung für die Stadt Bergheim
Wenn mich Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt fragen, wer die Verantwortung für die schlechte Haushaltslage der Stadt trägt, dann kann ich ohne zu zögern antworten, die alleinige Verantwortung trägt die Große Koalition aus CDU/FPD/BMA und letztendlich als Chefin der Verwaltung die Bürgermeisterin.
Alle haushaltsrelevanten Entscheidungen der laufenden Ratsperiode haben Sie zu verantworten. Keine der unzähligen Initiativen der SPD und auch der Grünen wurde gegen die Stimmen des Bollwerks aus CDU/FDP/BMA durchgesetzt. Sie haben mit Ihrer Mehrheit dafür gesorgt, dass auf keiner Entscheidung das Etikett SPD oder Grüne klebt.
Die wenigen jugend- und familienpolitischen Entscheidungen im Ausschuss für Kinder- Jugend und Familie, die gegen Ihren Willen von gesetzlich berufenen Fachleuten aus der Stadt durchgesetzt wurden, haben Sie im Rat umgedreht.
Einen einjährigen Versuch, die Arbeit der Tagespflegepersonen in Bergheim zu erleichtern, der maximal 50.000 kosten würde, lehnen Sie ab und in der gleichen Sitzung schenken Sie einem Unternehmer 150.000 , die er aus vertraglichen Verpflichtungen der Stadt schuldet.
Unterstützung erhält die CDU dabei von einer FDP deren Vorsitzender zur Hundesteuererhöhung die Meinung vertritt: Wer einen Hund hat, sollte auch ein Haus besitzen! Ihre Politik ist im Kern unsozial, ja sogar sozialelitär und gemeinschaftsschädigend.
Besonders in Zeiten finanzieller Not, in denen den Bürgern die Schließung von sozialen Einrichtungen und die Verminderung freiwilliger sozialer Leistungen zugemutet werden sollen, müssen wir auf die Bereitschaft von Bürgern bauen, die täglich für das Gemeinwohl in Sportvereinen, sozialen Einrichtungen und Initiativen arbeiten. Dazu gehören auch Tagesmütter, die unsere Eltern und Kindertageseinrichtungen mit ihrer Arbeit entlasten.
Die SPD hat vorgeschlagen, das ehrenamtliche Engagement durch den Wegfall der Nutzungsentgelte anzuerkennen. Sie lehnen das ab!
Die SPD steht zum Vorschlag der Verwaltung, Kooperationsverträge im Bereich Strom und Gas abzuschließen und so mindestens 300.000 jährlich zu erzielen. Sie lehnen das ab!
Fazit!
Die SPD wird den Haushalt ablehnen, weil er sozial ungerecht und finanzwirtschaftlich katastrophal ist.
Die SPD hat während der Legislaturperiode zahlreiche konstruktive Anträge gestellt, die sie allesamt abgelehnt haben, nur weil sie aus unseren Reihen kamen.
Wir hingegen haben ihren Anträgen öfters zugestimmt, wenn wir darin eine Verbesserung für die Menschen in unserer Stadt erkennen konnten.
Wir haben uns als Oppositionspartei nicht einfach zurückgelehnt und zugeschaut, wie Sie die Karre in den Dreck fahren. Im Gegenteil, die SPD hat zum Doppelhaushalt über 50 Konsolidierungsmaßnahmen vorgeschlagen, die allein im Jahre 2014 knapp 800.000 Mehreinnahmen bewirkt hätten. Das nennt man konstruktive Oppositionspolitik.
Diese wurde von Ihnen, Herr Hübner, schon im Vorfeld der entscheidenden Sitzung mit dem fadenscheinigen Argument abgelehnt, dass Sie keine Zeit mehr gehabt hätten diese zu lesen und sowieso daran zweifeln, dass überhaupt eine von ihnen sinnvoll wäre.
Das ist eine kaum zu überbietenden Arroganz und Ignoranz zum Schaden des Haushaltes und damit auch zum Schaden der Bürger Bergheims.
Damit werden Sie leben müssen. Leider auch die Bürger.
Vielen Dank für Ihre (geteilte) Aufmerksamkeit.
Es gilt das gesprochene Wort.